MIt dem Ausruf: "Luggi, bei Dir brennt's!" machte ein Passant dem Waginger Gastwirt Ludwig Egger auf den herausströmenden Rauch im ersten Stockwerk des Gasthaus Seereose aufmekrsam. Natürlich war zu diesem Zeitpunkt desn Passanten im Waginger Ortskern schon bekannt, dass es sich hierbei um eine Zugübung der Waginger Feuerwehr handelte. Der Rauch und auch der dargestellte Feuerschein wirkten allerdings sehr realistisch. Dass mit einem ungefährlichen Diskotheken-Nebel und diversen Leuchten optisch alles wie bei einem echten Brand aussah, war das Werk von Florian Metzger von der Feuerwehr. Ausgearbeitetund geplant worden war die Übung von den beiden Führungskräften Anton Groschack und Thomas Pfeffer.
Mit dem Begriff "Zugübung" wird der Einsatz eines sogenannten Löschzuges bezeichnet, der in Waging aus dem Einsatzleitwagen (ELW 1), dem Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF 20/16), der Drehleiter (DLA-K 23/12) und dem Tanklöschfahrzeug (TLF 16/25) besteht. Im Falle der Einsatzübung waren insgesamt 23 Feuerwehrmitglieder eingesetzt.
Mit der Meldung "B3 - Zimmerbrrand im ersten Obergeschoß, eine Person auf Balkon" wurden über Sprechfunk die Einsatzkräfte von der Übungsleitung abgerufen. "Die Ausgangslage war den Feuerwehrmitgliedern bis dahin noch völlig unbekannt", berichtete Anton Groschack: "Wir haben bewusst das Übungsobjekt im Vorfeld nicht bekannt gegeben." Erschwert wurde die Situation, dass eine Person bereits auf dem Balkon um Hilfe schrie und eine weitere Person im Gebäude vermutlich noch vermisst wurde. "Genau wie bei einem echten Einsatz musste so der Zugführer das Gebäude erkunden, um die Löschmannschaften richtig einsetzten zu können", so Thomas Pfeffer: "Aus der Gesamtansicht, einer Erkundung bis zur Rauchgrenze, sowie dem Befragen von Personen muss sich der Einsatzleiter dann ein Bild für das weitere Vorgehen machen". Diese Aufgabe führte der stellvertretende Kommandant Sebastian Kamml aus, der den Übungseinsatz dann leitete.
Der Hilfesuchende auf dem Balkon war Christoph Groschack, der Sohn von Anton Groschack, welcher begeistert und äußerst realistisch seine Rolle spielte. Die erste Aufgabe war die Personenrettung vom Balkon über eine Steckleiter. Dabei war auch schauspielerisches Talent gefragt, denn ganz so einfach wollte die Übungsleitung es den Einsatzkräften nicht machen - es sollte ja schließlich wie bei einem "echten" Brand sein. Nachdem sich bei der Erkundung herausgestellt hatte, dass es sich um einen Zimmerbrand handelte, mussten insgesamt vier Atemschutzgeräteträger zur weiteren Personenrettung und Brandbekämpfung eingesetzt werden. Zusätzlich musste der Luftvorrat der Atemschutzgeräteträger außerhalb des Gefahrenbereichs kontrolliert werden. Außerdem bestand ständig Funkkontakt, um jederzeit den Standort der Einsatzkräfte im angenommenen Gefahrenbereich zu wissen. Zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung kam zusätzlich zu den Tanks der beiden Löschfahrzeuge ein Hydrant in der Wilhelm-Scharnow-Straße zum Einsatz.
Die Übungsorganisatoren Pfeffer und Groschack zeigten sich im Anschluss an die Übung sehr zufrieden mit dem Ablauf. Oberstes Ziel war die Personenrettung in der relativ engen Jägergasse. Da es kein "Drehbuch" gab, ließ man sich überraschen, wie der Zugführer die Anfahrt und auch die Fahrzeugaufstellung plante. Die ersten eintreffenden Fahrzeuge wurden am Marktplatz und auf der Wilhelm-Scharnow-Straße positioniert. Das Tanklöschfahrzeug wurde jedoch vorerst noch nicht gleich eingesetzt, sondern erst in einem sogenannten Bereitstellungsraum am Haslacher Weg stationiert, um die Besatzung dann anschließend sinnvoll einsetzten zu können.
Gastwirt Ludwig Egger, der in die Übungsplanung natürlich mit eingebunden war, zeigte sich begeistert von der ehrenamtlichen Feuerwehrarbeit: "Das weiß ich doch, dass man sich im Ernstfall auf meine Waginger Feuerwehr verlassen kann, und keine Gefahr für Metzgerei und Gasthaus besteht.
Blick in die Geschichte
Thomas Pfeffer, der auch die Chronik der Feuerwehr Waging führt, berichtet, dass es beim Gasthaus Seerose "brandtechnisch" einen bedeutenden historischen Hintergrund gibt: Am 30. Juli 1763 war der größte Teil des Marktes Waging durch einen Großbrand, ausgelöst durch einen Blitzschlag in den Anbau des Besteiger-Wirtshauses eingeäschert worden. Das betroffenen Gebäude ist die heute Gaststätte Seerose und somit das Objekt der aktuellen Einsatzübung der Waginger Feuerwehr. In Windeseile griff damals das Feuer auf die Nachbarhäuser über: Erst in der Schmiedgasse (der heutigen Wilhelm-Scharnow-Straße), dann auf dem Marktplatz, in der Gadener Gasse (Salzburger Straße) und teilweise in der Ziegelauergasse (Untergasse bzw. Seestraße). Am Ende dieser Feuersbrunst waren von 70 Bürgerhäusern 48 vernichtet.
Bericht: Thomas Pfeffer, FF Waging am See
Fotos: Anton Groschack, Alois Pfeffer, Thomas Pfeffer, Michael Schramke, FF Waging am See