150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Waging am See

Saug- und Druckspritze wird in Waging geprüft

"Am Ostersonntage den 31. März kam durch die Gemeinde Verwaltung Waging eine Einladung an die Freiw. Feuerwehr Teisendorf's daß am Osterdienstag als am 2. April die von der Comune Waging für die zu gründende dortige Feuerwehr die nun angeschaffte von Hr. Strasser in Burghausen gefertige Saug u. Druckspritze geprüft, wozu die Feuerwehren Laufen, Teisendorf Tittmoning freundlichst eingeladen wurden", so lautet der originale Wortlaut aus der Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Teisendorf, welche auch im Archiv der Waginger Feuerwehr vorliegt.

Zu Ostern 1872 fand in Waging die Vorführung einer zur damaligen Zeit hochmodernen Saug- und Druckspritze statt. Die bereits bestehenden Feuerwehren aus Laufen, Teisendorf und Tittmoning waren hierzu eingeladen worden, um ihr fachmännisches Urteil zur "technischen Prüfung" darüber abgeben zu kön nen. Diese "Maschinenprobe" file laut den Unterlagen im Archiv der Waginger Feuerwehr gut aus. Die Maschine lieferte in vier Minuten 25 Eimer Wasser. Bei einer Schlauchlänge von 50 Fuß wurden 36 Schritt Wurfweite erzielt bei einer Rohrmündung von 11 Millimeter. Man könnte diese damas als "Hydrophor" genannte Feuerspritze also durchaus als Vorgänger moderner Tanklöschfahrzeuge bezeichnen. Auch wenn diese nunmehr über einen Löschwasservorrat von mindestens 2 500 Liter und über eine Pumpenleistung von 1 600 bis 200 Liter in der Minute verfügen.

Herr "Regierungsrath" Desch hielt jedenfalls im damaligen Gasthof zur Post eine "wohldurchdachte Rede", und munterte die Waginger auf in "ihrem Eifer für die Sache des Löschwesens nicht zu ermatten, und auch in Waging eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen". 

Bereits 1851 in Traunstein im Einsatz

Allerdings gab es auch in Waging bereits seit einigen Jahren eine Einrichtung zur Brandbekämpfung. Diese wurde jedoch noch als "Gemeindliches Löschinstitut" bezeichnet. Diese "Vorgängerfeuerwehr" war bereits im Jahr 1851 beim Stadtbrand in Traunstein, sowie 1864 bei einem Stadlbrand in Laufen und kurz darauf beim Brand des Stallgebäudes und Wohnhauses des Lederermeisters Martin Hartinger und des Färbermeisters Georg Denk im Einsatz als diese Gebäude in Waging "ein Raub der Flammen" wurden. Auch 1865 beim Brand des Stadels vom "Bäcker Mooslechner" in Teisendorf waren die Waginger im Einsatz. Interessant ist, dass bereits im Jahr 1865 die Feuerlöschmaschinen und die Bemannung unter anderem der Marktgemeinde Waging im Einsatz waren. Immerhin sieben Jahre vor der "offiziellen Gründung" einer freiwilligen Feuerwehr in Waging. Das heute noch bestehende Feuerlösch-Requisitenhaus in der Pflegergasse und jetzigen Bahnhofstraße wurde bereits 1858 erbaut.

In der "Zeitung für Feuerlöschwesen" Nr. 3 vom 1. Februar 1869 erschien in der Rubrik "Berichte von und über Feuerwehren" eine Kritik, dass in zahlreichen oberbayerischen Städten und Märkten noch keine organisierten freiwilligen Feuerwehren gegründet seien. Neben den Orten Markt, Trostberg, Garmisch und Partenkirchen solle von der könglichen Kreisregierung in München "Druck gemacht" werden, auch in Waging eine offizielle Feuerwehr zu gründen.

Unterschiedliche Gründungsjahre bei Freiwilligen Feuerwehren kommen zustande, da oft Unterlagen aus der Gründerzeit fehlen. Das Gründungsdatum der FF Waging konnte erst nach dem 100-jährigen Gründungsfest im Jahre 1968 eruiert werden, als der damalige Schriftführer und jetziges Ehrenmitglied Hans Rentz im Archiv des Deutschen Museums in München auf einen Hinweis auf das "Verzeichnis der Feuerwehren des Bayerischen Landesfeuerwehr-Verbandes von 1909 gestopen war. Damals wurde als Gründungsjahr "1868" festgelegt, da eine genaue Herkunft auch noch unbekannt war. Dies erklärt auch die weiteren Gründungsfeste in Waging zum 120-jährigen Bestehen im Jahr 1988 und das 150-jährige Gründungsfest, welches 2018 gefeiert wurde. Ein Hauptgrund ist allerdings, dass man den Unterschied von "Freiwillige Feuerwehr" und "Löschanstalt" nicht mehr wusste.

Vor der Gründung der Feuerwehren wurde natürlich auch Feuer bekämpft. Rechtsgrudnlage war die Feuerordnung für Märkte und Gemeinden. Danach musste die Gemeindeverwaltung sogenannte "Feuerlöschrequisiten" beschaffen. Verantwortlich war der Gemeindevorsteher, also der Bürgermeister.

 

 

Spritzenzug und Demolierer mit Schutzanzügen ausgerüstet

Nachdem dann am 20. Juni 1872 die freiw. Feuerwehr Waging offiziell gegründet werden konnte, begann auch der "offizielle Aufbau". Nach dem Prinzip "Gehorche deinem Vorgesetzten", wurde die Feuerwehr hierarchisch aufgebaut. Es gab einen gewählten Kommandanten, einen Adjutant als Stellvertreter, Zugführer, Rottenführer (heute würde man diese als Gruppenführer begzeichen), sowie die Mannschaft. Diese waren aufgeteilt in einen Spritzenzug, einen Steigerzug (Leitermannschaft), einen Ordnungs- und Sanittäsdienst, sowie "Domolierer" (Abräumdienst). Die Feuerwehrleute wurden uniformiert und dadurch beim Einsatzerkennbar. Einige dieser historischen Schutzanzüge sind im Waginger Feuerwehrmuseum noch zu bewundern. Im Laufe der Jahre entwickelte sich diese besonders seit den 1960-er Jahren zur modernen persönlichen Schutzbekleidung, wie wir sie heute kennen. Besonder interessant ist, dass es heutzutage die Bezeichnung Kommandant, Zugführer und Gruppenführer immer noch gibt, wenn auch mit teilweise anderenm Aufgabengebiet als damals. Auch könnte man den Sanitätsdienst als Vorgänger der Ersthelfergruppe "First Responder" bei medizinischen Einsätzen und der damaligen "Steiger" nun als die Drehleitermaschinisten bezeichnen. Die erste "Balance-Leiter" konnte dann auch schon im Jahre 1899 in Waging neben mehrerer Saug- und Druckspritzen in Dienst gestellt werden. Diese wurde bis in die 1960-er Jahre vorgehalten und befindet sich immer noch im Besitz des Feuerwehrvereins. Auf dem neusten Stand der Technik folgten ihr allerdings im Jahre 1982 eine Anhängeleiter AL 18 (später AL 16-4), sowie eine Drehleiter DLK 18-12 CC (19190) mit 24 Meter Rettungshöhe. Seit dem 150-jährigen Gründungsfest inst eine Drehleiter DLA-K 23/12 mit 32 Meter Rettungshöhe im Einsatzdienst.

 

"Zeus" schleuderte seine Blitze über die Teisendorfer Kameraden

In der Chronik der Feuerwehr Teisendorf von 1872 wurde übrigens auch schon auf die "Kameradschaftspflege" bei dem Treffen in Waging verwiesen: "Die Zeit verging schnell u. videll vorüber u. kaum daß man sich umsah war die Zeit gekommen aufzubrechen um nach Hause zu kommen, da auch der Himmel sich mit einem sehr düsterren Gesichte versah u. ein dumpfes Grollen u. Zucken von sich ausgehen ließ. Er ließ auch gar nicht lange auf sich warten u. gräßlich ließ Zeus seine Blitze auf die heim kehrenden Feuerwehrmänner fahren u. deutlich zeugte sich vom dunklem Himmel welcher gewitherte der Zorn den Zeus herunterschleuderte auf eine Wohnung in Österreichs Gauen. Gedämpft von den Fluthen des Himmels kamen die Feuerwehrmänner nach Hause u. fielen über die vollen Krüge um das erlebte noch einmal im Kreise ihrer Kameraden zu besprechen.

 

Im damaligen Pressebericht wurden die ersten Waginger Feuerwehrmänner mit den Worten ermutigt: "Mögen sie mutig fortschreiten auf dem betretenen Wege, sie werden es nur zu ihrem und ihrer Mitbürger wohl thun, dann sind sie auch am sichersten vor großen Brandunglücken geschützt". An dieser Einstellung hat sich in den letzten 150 Jahren bei der Waginger Feuerwehr nichts geändert, auch wenn sich die Aufgabengebiete bei Einsätzen neben Bränden zu Einsätzen in der technischen Hilfeleistung udn im Umweltschutz vermehrt haben. Natürlich hat sich auch die technische Ausrüstung seither immer weider verbessert - und selbstverständlich haben seitdem auch Frauen und Jugendliche "Einzug" in die Feuerwehrarbeit genommen.

 

Bericht: Thomas Pfeffer, FF Waging am See