150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Waging am See
Die Freiwillige Feuerwehr Waging am See feiert vom 7. bis 10. Juni 2018 ihr 150-jähriges Gründungsfest. Von einfachsten Mitteln der Brandbekämpfung in der Gründerzeit bis zur technischen Ausrüstung in der Gegenwart war es jedoch ein langer Weg.
Auch wenn die Ausbildung und Technik in 150 Jahren – und bereits vor der offiziellen Gründung der Waginger Feuerwehr stets der jeweiligen Zeit angepasst und aktualisiert wurde, so ist eines dennoch gleich geblieben: der freiwillige und ehrenamtliche Einsatz im abwehrenden Brandschutz und technischen Hilfsdienst zahlreicher Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen in den vergangenen über 150 Jahren.
Urkundlich wurde die freiwillige Feuerwehr Waging am 20. Juni 1872 mit dem Eintritt in den Bayerischen Landes-Feuerwehr-Verband gegründet. Sicher hatte man sich aber schon nach den großen Bränden der Jahre 1611 und 1763 Gedanken über einen entsprechenden Brandschutz gemacht und Maßnahmen ergriffen. Bekannt ist, dass vom Erzbischof von Salzburg Ende des 17. Jahrhunderts der Erlass erging, keine Holzbauten mehr in Waging zu errichten. Mit beitragen zum Brandschutz sollte ebenfalls die bekannte Inn-Salzach-Bauweise im historischen Waginger Ortskern.
Dass es schon vor der Gründung der Feuerwehr Männer gab, die sich mit dem Feuerschutz befassten, darauf weist das Feuerlöschrequisitenhaus aus dem Jahre 1858 in der jetzigen Bahnhofstraße hin. Zu dieser Zeit unterhielt der Markt Waging sogenannte Feuerlöschmaschinen und eine „Löschanstalt“. Bei vielen Feuerwehren im Umkreis stimmen auch die Jubiläen oft nicht mit dem Gründungsdatum überein.
Dafür gibt es mehrere Gründe:
Es fehlen oft Unterlagen aus der Gründerzeit. Das Gründungsdatum der Waginger Feuerwehr konnte erst nach dem 100-jährigen Gründungsfest im Jahre 1968 eruriert werden, als das damalige aktive Mitglied Hans Rentz im Archiv des Deutschen Museums auf einen Hinweis auf das „Verzeichnis der Feuerwehren des Bayerischen Landesfeuerwehr-Verbandes“ von 1909 gestoßen war. Ein Hauptgrund ist allerdings, dass man den Unterschied von „Freiwilliger Feuerwehr“ und „Löschanstalt“ nicht mehr wusste. Im Rahmen des 100-jährigen Gründungsfestes wurde somit die „Gründung“ der Waginger Feuerwehr auf das Jahr 1868 festgelegt.
„Freiwillige Feuerwehr“ oder „Löschanstalt“
In den Zeitraum, bevor „freiwillige Feuerwehren“ gegründet wurden, galt als Rechtsgrundlage die „Feuerlöschordnung für Märkte und Gemeinden“. Danach musste die Gemeindeverwaltung „Feuerlöschrequisiten“ (Geräte) beschaffen. Verantwortlich war der Gemeindevorsteher, also der Bürgermeister. Diese Einrichtungen hießen Löschanstalt oder Löschinstitut. Im Einsatz waren sogenannte „Feuerreiter“. Die ursprüngliche Aufgabe dieser Feuerreiter waren das „Anbeten“ und „Beschwichtigen“ eines Feuers. In späteren Zeiten wurden diese jedoch zur Alarmierung in umliegenden Gemeinden eingesetzt, um weitere Löschmannschaften anzufordern.
Das Eingreifen bei Brandgefahr durch mehr oder wenige „professionelle“ Hilfe von Löschmann-schaften, bzw. dann der Gründung von organisierten freiwilligen Feuerwehren war jedoch unter anderem von Bevölkerung und teilweise auch Kirche scharf beäugt worden. Wurden doch Brände, welche unter anderem durch Blitzschlag ausgelöst wurden, als „Strafe Gottes“ gesehen. Bei „Feuerlärm“ (heute würde man „Feueralarm“ sagen) mussten die nicht ausgebildeten und nicht trainierten Einwohner, meist mit Eimern, zur Brandstelle kommen und helfen. Gefordert waren besonders Bauberufe wie Maurer und Zimmerleute, aber auch die allgemeine Bevölkerung. Diese nicht ausgebildeten Kräfte verursachten häufig chaotische Zustände und waren für einen geringen Erfolg bei der Brandbekämpfung verantwortlich.
Gründung der Freiwilligen Feuerwehr
Gegen dieses Löschinstitut, also die Einrichtung durch die Obrigkeit, gründete man – heute würde man sagen – eine Einrichtung von unten, eine „Bürgerwehr“, die sich freiwillige Feuerwehr nannte.
In der Monarchie, also im Obrigkeitsstaat, noch dazu nicht lange nach der Revolution von 1848 und unter teilweiser starker (oft recht frei denkender) Turnverein-Beteiligung in einigen Städten, war dies vielen ein Dorn im Auge. Im Gegensatz zu Armee und Polizei, deren Offiziere (Führungskräfte) von der Obrigkeit bestimmt wurden, war die FF eine „Bewegung von unten“. Man wählte in der freiwilligen Feuerwehr („freiwillig“ nach der damaligen Rechtschreibung übrigens klein geschrieben) die Führungskräfte selbst.
In der freiwilligen Feuerwehr gab es zudem keine Standesunterschiede. Ob Adeliger, Taglöhner, Beamter, Geistlicher, Handwerksmeister etc.: Jeder hatte die gleiche Stimme und konnte als rechtschaffender Mann in alle Funktionen gewählt werden. Darüber hinaus verstand man sich als überkonfessionell. Sollte eine Feuerwehrfahne kirchlich geweiht werden, konnte es sein, dass die halbe Mannschaft mit Austritt drohte. Feuerwehrfahnen seien zudem dem Ansehen der Feuerwehr abträglich und völlig überflüssig, meinte der Landesfeuerwehrverband offiziell. Waging hatte bis 1896 keine Feuerwehrfahne, nur die rote Feuerfahne.
Besonders ab 1869 nahm die Gründung von freiwilligen Feuerwehren stark zu, was mit dem Artikel 38 des Gesetzes vom 29. April d. Jahres, die bay. Gemeindeordnung betreffend, zusammenhing: Nun wurde auch unter „Feuerlöschanstalt“ die „freiw. Feuerwehr“ genannt.
Auch der gewonnene Krieg gegen Frankreich („70ger-Krieg“) und die positive Einstellung zu militärischen Strukturen, hierarchischer Führung und Verantwortung sowie die Erfolge bei einexerzierten Verhaltensweisen sind hier zu nennen. Die Obrigkeit förderte nun die Gründung der Freiwilligen Feuerwehren als per Gesetz, weil sie erkannte, dass eine ausgebildete und eingeübte Feuerwehr viel schlagkräftiger und erfolgreicher war als die herkömmliche Löschanstalt mit der zur Hilfeleistung verpflichteten, aber nicht ausgebildeten Bevölkerung. Im Laufe der Zeit gab es auch Mischformen wie freiwillige Feuerwehr mit Unterstützung der Pflichtfeuerwehr und Privat-feuerwehren (= Betriebs- bzw. Werkfeuerwehren).
Bereits 1873, nach dem gefährlichen Brand in Waging, verwendete der Waginger Bürgermeister den Ausdruck „Feuerwehren“ auch für die zu Hilfe kommenden Löschkräfte aus den umliegenden Gemeinden, die eigentlich noch keine offiziell gegründete Feuerwehr hatten (siehe Traunsteiner Wochenblatt von damals, kopiertes Exemplar liegt dem Feuerwehr-Museum Waging am See vor).
Genannt werden die anwesenden Feuerwehren Otting, Taching, Wonneberg, Tettenhausen, Tengling, Petting, Törring, Teisendorf, Traunstein-Stadt, Traunstein-Saline, sowie die alarmierten, aber wegen zu weiter Entfernung nicht mehr erschienenen Feuerwehren Laufen und Oberndorf. (Der Landesfeuerwehr-Verband allerdings verwendete bei seinem auch in der Zeitung für Feuerlöschwesen erschienenen Bericht über diesen gefährlichsten Brand in Waging korrekt den Ausdruck „Feuerwehr“ nur für die „echten anwesenden Feuerwehren“ Traunstein, Teisendorf und Tengling, s. Zeitung für Feuerlöschwesen 1873).
Gründung der „freiwilligen Feuerwehr“
Am Osterdienstag des Jahres 1872 fand im Gasthof zur Post ein Treffen statt, in der Regierungsrat Desch aus Laufen die Gemeindeverwaltung und die interessierten Männer ermutigte, in ihren Bemühungen nicht nachzulassen, eine freiw. Feuerwehr zu gründen. Anwesend waren auch Vertreter und Feuerwehrmänner der bereits existierenden Feuerwehren der Stadt Laufen und des Marktes Teisendorf. Vorausgegangen war an diesem Tag die Erprobung der Saug- und Druckspritze der Firma Glockengießerei Strasser aus Burghausen.
Am 20. Juni 1872 wurde die freiw. Feuerwehr Waging dann offiziell gegründet. Gründer war der Zimmermeister Niederwinkler.
Ausrüstung und Ausbildung
Das älteste „Ausrüstungsstück“ der Waginger Feuerwehr ist die sogenannte „Feuerfahne“, welche dem Zeitraum 1860 bis 1870 zugeordnet werden kann. Diese Standarte mit roter Laterne kennzeichnete in den Gründerzeiten den Standort der Einsatzleitung und des Sanitätsdienstes.
Diese viele Jahrzehnte verschollene Fahne wurde im Jahre 2011 bei Abbrucharbeiten wiederentdeckt und von einer Fahnenstickerei in Schierling, sowie vom Waginger Schmiedemeister Alfons Schmuck restauriert und erhielt im Waginger Feuerwehrhaus einen Ehrenplatz.
Weitere Beschaffungen waren eine hölzerne Anhängeleiter im Jahre 1899 und eine Einheitstragkraftspritze, welche 1932 in Dienst gestellt wurde. Diese wurde in den 1930er Jahren auch schon teilweise mit einem Fahrzeug zum Einsatzort gefahren. Während des 2. Weltkrieges mussten Einsatzkräfte aus Waging auch bei den Bombenangriffen in München eingesetzt werden.
Desweiteren wurde in den Kriegsjahren eine Frauenfeuerwehr vorgehalten. In den Nachkriegsjahren war ein amerikanischer Buick das erste „richtige“ Waginger Feuerwehrfahrzeug, bevor es 1956 durch ein Tragkraftspritzenfahrzeug ersetzt wurde. Dieses wiederum konnte 1964 durch ein Löschgruppenfahrzeug LF 8 ersetzt werden. Ab dem Jahr 1967 wurde auch die Ausbildung in einer Feuerwehrjugendgruppe vorangetrieben. Ein Tanklöschfahrzeug TLF 16 mit zukunftsorientierter Ausrüstung wie Atemschutzgeräte und einer Schaumausrüstung wurde 1971 in Dienst gestellt.
Die Waginger Feuerwehr in der „Neuzeit“
Einen Wendepunkt in der Ausrüstung und Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehr Waging am See brachte der Übergang der 1960er Jahre in die 1970er Jahre. Bereits kurz nach der Neuübernahme der Funktion des 1. Kommandanten von Alois Pfeffer im Jahr 1972 wurde die Gründung einer Sanitätsgruppe vorgeschlagen, sowie weitere technische Neuerungen auch durch den 1977 gewählten 2. Kommandant Anton Schmid und einer Führungsmannschaft unter Zugführer Hans Rentz eingeführt.
Weitere wegweisende Beschaffungen waren ein Löschgruppenfahrzeug LF 8 Allrad (1978) ein Mehrzweckfahrzeug MZF (1979), ein Ölschadensanhänger ÖSA mit Material für Gefahrgutunfälle (1983) und ein Rüstwagen RW 1 (1984) mit einer umfangreichen Ausrüstung zur technischen Hilfeleistung und ein neu beschafftes Mehrzweckfahrzeug im Jahr 1985. Von der aufgelösten Feuerwehr Freimann wurde 1982 ein Versorgungsfahrzeug übernommen. Eine ebenfalls 1982 beschaffte Anhängeleiter AL 16-4 wurde bereits 1990 durch die Beschaffung einer zeitgemäßen Drehleiter DLK 18-12 CC ersetzt. Besonders erwähnenswert sei hier der ehemalige Vorsitzende und Gruppenführer Heinz Neumann. Durch seine berufliche Tätigkeit bei der Firma Iveco Magirus bestanden sehr gute Verbindungen bei Fahrzeugbeschaffungen.
Aufgrund technischer Neuerungen standen auch Ersatzbeschaffungen der Fahrzeuge an. Ein Gerätewagen GW-N für Nachschubfahrten und ein neues Tanklöschfahrzeug TLF 16/25 fanden 1997 den Weg in die Waginger Feuerwehr. Auch das 1974 vom Freistaat Bayern zur Verfügung gestellte Katastrophenschutzboot K-Boot für Einsätze auf dem Waginger- und Tachinger See, der Salzach und dem Chiemsee wurde 2002 durch ein Mehrzweckboot MZB ersetzt.
Mittlerweile verfügen die Einsatzkräfte in Waging auch über einen neuen Einsatzleitwagen ELW 1, ein Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug HLF 20/16 und einen Gerätewagen GW-L2 für Logistikaufgaben. Da das bisherige Feuerwehrgerätehaus an der Weixlerstraße aus dem Jahre 1966 nicht mehr den technischen Anforderungen entsprach, konnte nach langer Planungszeit das neue Feuerwehrhaus am Fichtenweg Ende 1988 feierlich bezogen werden.
First Responder – Ersthelfer vor Ort
Aufgrund der stark zunehmenden Alarmierungen zu „Schweren Verkehrsunfällen mit eingeklemmten Personen“ ab den 1970er Jahren, wurde ein Notfallkoffer beschafft. Als man von ersten Pilotprojekten einer „First-Responder-Einzeit“ in Bayern hörte, war auch in Waging die Idee geboren, eine Ersthelfereinheit einzusetzen. Nach umfangreichen Planungen und Genehmigungen konnte diese freiwillige Zusatzaufgabe der Waginger Feuerwehr 1998 seinen Betrieb zur sofortigen Ersten Hilfe und zur Unterstützung des Rettungsdienstes in Waging beginnen. Als Einsatzfahrzeuge wurden anfangs das Mehrzweckfahrzeug MZF von 1985 und der Einsatzleitwagen ELW 1 (Indienststellung: 1999) verwendet, bevor ein neues Mehrzweckfahrzeug speziell für die Ersthelfergruppe beschafft wurde.
Der Feuerwehr-Verein im Gemeindeleben
Die Arbeit der Waginger Feuerwehr beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Aufgaben im Einsatzdienst. Seit dem Inkrafttreten des Bayerischen Feuerwehrgesetzes von 1982 wird auch in Waging zwischen Feuerwehr als Einrichtung der Gemeinde und dem Feuerwehr-Verein unterschieden. Aufgaben des Vereins sind Traditionspflege, Unterstützung der Jugendarbeit und Darstellung der Freiwilligen Feuerwehr in der Öffentlichkeit. Der Feuerwehrverein stellt der Gemeinde das Personal für ihre Feuerwehr unentgeltlich zur Verfügung.
Mit Veranstaltungen wie dem in den 1980er Jahre eingeführten Gartenfest, das anfangs „unter den Kastanien“ beim Feuerwehrhaus stattfand, dem legendären Feuerwehr-Kranzl im Fasching, dem Novemberfestl und mit Informationsveranstaltungen wie dem „Tag der offenen Tür“ und der Teilnahme am Kinderferienprogramm der Marktgemeinde beteiligt sich die Waginger Feuerwehr auch am Gemeinde- und Vereinsleben. Im großen Rahmen wurden auch das 100-jährige Gründungsfest im Jahre 1968 und das 120-jährige Gründungsfest (1988) unter Festleiter Otto Willmann mit der Weihe der neuen Feuerwehrfahne gefeiert.
Auch auf die Modelleisenbahn hat es die FF Waging geschafft. Die Firma Rietze fertige ein Modell des Waginger Tanklöschfahrzeuges an, welches im Spielwarenhandel vertrieben wird und wegen seiner Detailtreue auch in der Fachpresse für Beachtung sorgte. Auch bei nationalen und internationen Feuerwehr-Wettkämpfen und Leistungsprüfungen in Südtirol und Österreich war die Waginger Feuerwehr erfolgreich vertreten. Dazu werden neben den benachbarten Feuerwehren auch kameradschaftliche Kontakte zur FF München-Forstenried und der Feuerwehr Röthenbach bei St. Wolfgang in Mittelfranken gepflegt.
Heute verfügt die Waginger Feuerwehr unter ihren Kommandanten Helmut Huber und Klaus Haslberger über eine zeitgemäße Ausstattung, welche mit der Einweihung der neuen Drehleiter DLA(K) 23/12 beim diesjährigen Feuerwehrfest gefeiert wird.
Am 7. Juni tritt der Musik-Kabarettist Chris Boettcher im Festzelt mit seinem Programm „s´ Beste“ auf. Am 8. Juni findet der „Tag der Vereine, Betriebe und der guten Nachbarschaft“ statt. Der Festabend mit Totengedenken wird am 9. Juni abgehalten. Den Festhöhepunkt bildet schließlich am 10. Juni der Festsonntag mit Feldmesse und der Fahnenweihe im Waginger Kurpark, bevor der große Festzug durch die Waginger Straßen stattfinden wird.
(Bericht: Thomas Pfeffer, FF Waging am See)